Verhaltenes Aufatmen nach EUGH-Urteilen zur umsatzsteuerlichen Organschaft

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EuGH bestätigt die grundlegenden Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft in Deutschland

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Verhaltenes Aufatmen nach EUGH-Urteilen zur umsatzsteuerlichen Organschaft

Am 26.01.2023 setzt sich der Bundesfinanzhof mit den Entscheidungen des EUGH zu seinen 4 Vorlagefragen auseinander und muss damit umgehen, dass nicht auf alles eindeutige Antworten gegeben wurden.

Deshalb wird mit Spannung erwartet, wie der BFH mit dem verbliebenen Auslegungsspielraum umgeht und wie er die zentralen Aussagen des EUGH in Folgeentscheidungen umsetzt.

Mit seinen Urteilen vom 01.12.2022, Az. C-141/20 und C-269/20 hat der EuGH die grundlegenden Regelungen zur umsatzsteuerlichen Organschaft in Deutschland bestätigt.

Nach deutschem Recht tritt allein der Organträger als Steuerpflichtiger gegenüber dem Finanzamt auf und erfüllt die umsatzsteuerlichen Pflichten des gesamten Organkreises. Im Vorfeld der Entscheidung war befürchtet worden, der EUGH könnte diese Regelung als nicht mit dem Unionsrecht vereinbar erklären mit gravierenden Folgen für die deutsche umsatzsteuerliche Organschaft. Das ist nicht passiert.

Abgelehnt hat der EUGH aber eine Voraussetzung, die zur Annahme einer umsatzsteuerlichen Organschaft in Deutschland erforderlich war. Die finanzielle Eingliederung wurde nur bejaht, wenn neben der Mehrheitsbeteiligung auch eine Stimmenmehrheit in den Organgesellschaften gewährleistet war. Diese Anforderung hält der EUGH für zu restriktiv und nicht mit EU-Recht vereinbar.

Weitere bemerkenswerte Kernaussagen sind:

  1. Auch der hoheitliche Bereich einer Organgesellschaft oder des Organträgers gehört zum Organkreis. Folglich liegt eine unternehmensfremde Verwendung nicht vor, wenn an diesen Hoheitsbereich Leistungen abgegeben werden mit der Folge, dass keine Besteuerung einer unentgeltlichen Wertabgabe in Frage kommt.
    Nach Auffassung der deutschen Finanzverwaltung umfasste die Organschaft nur den unternehmerischen Bereich.
  1. Der EUGH führt aus, dass es den Mitgliedstaaten nicht gestattet ist, finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliederte Unternehmen typisierend die Selbstständigkeit abzusprechen. Die Selbständigkeit einer Organgesellschaft sei weiterhin gegeben, wenn eine Tätigkeit im eigenen Namen, für eigene Rechnung und in eigener Verantwortung ausgeführt werde und das wirtschaftliche Risiko der unternehmerischen Tätigkeit von der Organgesellschaft getragen wird.

Auf die Annahme der Unselbständigkeit der Organgesellschaften stützt sich im deutschen recht aber gerade die mangelnde Steuerbarkeit der Innenumsätze. Die Organgesellschaften werden als nicht selbständige Bestandteile des Unternehmens des Organträgers betrachtet.

Diese Annahme macht die umsatzsteuerliche Organschaft für viele Unternehmen aber gerade attraktiv, insbesondere für solche, die nicht in vollem Umfang zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.

Deshalb wurde mit einer ersten Reaktion auf die EUGH-Urteile befürchtet, die Nichtsteuerbarkeit der Innenumsätze könne kippen.

Dazu hat sich der EUGH aber nicht weiter geäußert. Umso spannender wird es sein, wie der Bundesfinanzhof mit der Frage der Unselbständigkeit umgeht und welche Konsequenzen er daraus für die umsatzsteuerliche Beurteilung der Innenumsätze zieht.

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