Bundesfinanzhof äußert Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Verzinsung von Steuerzahlungen nach § 233a AO mit 6% p.a.

In einem Verfahren zum vorläufigen Rechtsschutz hat der IX. Senat des
Bundesfinanzhofs am 25. April 2018, IX B 21/18 die
Verfassungskonformität des Zinssatzes nach § 238 Absatz 1 Satz 1 AO für
Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 angezweifelt und deshalb die
Vollziehung eines Bescheides über Nachforderungszinsen nach § 233a AO
gemäß § 69 Absatz 3 Satz 1, Absatz 2 Satz 2 FGO ausgesetzt.

Die Zinshöhe in § 233a AO von 6% p.a. sei realitätsfern. Sie
überschreite angesichts einer zu dieser Zeit bereits eingetretenen
strukturellen und nachhaltigen Verfestigung des niedrigen
Marktzinsniveaus den angemessenen Rahmen der wirtschaftlichen Realität
in erheblichem Maße.

Der BFH-Beschluss ist für Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015
(nur) auf Antrag des Zinsschuldners in allen Fällen anzuwenden, in
denen gegen eine vollziehbare Zinsfestsetzung, in der der Zinssatz nach §
238 Absatz 1 Satz 1 AO zugrunde gelegt wird, Einspruch eingelegt wurde.
Unerheblich ist dabei, zu welcher Steuerart und für welchen
Besteuerungszeitraum die Zinsen festgesetzt wurden.

Die angeordnete Gewährung der Aussetzung der Vollziehung für
Verzinsungszeiträume ab dem 1. April 2015 bedeutet aber nicht, dass die
obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder die
Verfassungsmäßigkeit des § 238 Absatz 1 Satz 1 AO bezweifeln. Bisher hat
das Bundesverfassungsgericht kein Verfahren zur Verzinsungsregelung
angenommen. Ob das Bundesverfassungsgericht in einem neuen Verfahren den
Zinssatz von 0,5 Prozent pro Monat unter Berücksichtigung der weiteren
Marktzinsentwicklung in den letzten Jahren nun als verfassungswidrig
einstufen wird, ist ungewiss und bleibt abzuwarten.